Am Anfang: Fabian Pucher macht seinen Führerschein im Actros

Reportage

Lernhelfer Actros.

Florian Pucher macht bei der Fahrschule Hotter im steirischen Leibnitz seinen Lkw-Führerschein – in einem Mercedes-Benz Actros.


Es sind insgesamt fünf Verkehrshütchen, die eine Garage darstellen sollen. Mit etwas Phantasie und einer kurzen Erklärung von Fahrlehrer Markus Fruhmann – „die Hütchen links und rechts stellen Seitenwände dar, das Hütchen weiter hinten die Rückwand“ – ist die Garage unübersehbar. Langsam setzt Florian Pucher den Mercedes‑Benz Actros der Fahrschule Hotter nach hinten. Der 19-Jährige soll den Lastwagen 30 bis 40 Meter rückwärts durch die enge „Einfahrt“ der ersten beiden Leitkegel steuern und anschließend in der Garage parken. Schnell zeigt sich: Was für andere Fahrschüler eine große Herausforderung wäre, ist für den jungen Steirer nicht mehr als eine weitere Fingerübung auf dem Weg zu seinem C-Schein.


Fahrzeugbeherrschung und Geschick.

Zuerst steigt Florian nur zögerlich aufs Gas, steuert den Brummi dann aber flüssig zwischen den Verkehrshütchen hindurch und bremst rechtzeitig vor der Rückwand ab. Fahrlehrer Fruhmann hat das Manöver aus einigen Metern Entfernung beobachtet: „Er beherrscht das Fahrzeug gut. Bei ihm geht es jetzt nur mehr um das Feintuning.“ Also: Kurven schön außen anfahren und nicht schneiden, immer das richtige Maß zwischen Gas geben und Geschwindigkeit halten finden, nicht ruckartig bremsen, mehr Routine an Kreuzungen und bei Engstellen bekommen. Und eben auch sauber und mühelos rückwärts einparken.

Das Fahrzeug kennenlernen.

In der ersten Fahrstunde einige Wochen zuvor ging es freilich weniger um das Feintuning, als vielmehr um die Grundlagenarbeit. Da musste Florian das Fahrzeug zuerst einmal bei einem Rundgang im Detail kennenlernen. Wo wird die Scheibenwischflüssigkeit nachgefüllt? Wie funktioniert die Luftfederung des Actros? Worauf ist bei den Reifen zu achten? „Da ist man auf einen Schlag mit sehr vielen Informationen konfrontiert, aber mittlerweile habe ich alles gut verinnerlicht“, sagt Florian.



Erst Theorie, dann Praxis.

Nach dieser ersten Theorieeinheit durfte Florian direkt im Straßenverkehr seine ersten Übungskilometer absolvieren. „Florian hat vor dem C-Schein bereits den B-Schein gemacht, er kannte daher die Abläufe und Verhaltensregeln. Da war es kein Problem, gleich rauszufahren“, so Markus Fruhmann, der bei Übungsfahrten vom Beifahrersitz des Actros bei Bedarf jederzeit eingreifen kann. „Im Regelfall mache ich nur kleinere Korrekturen mit dem Lenkrad, wenn wir uns in einer Kurve etwa dem Bankett nähern oder sie zu eng nehmen“, sagt er lächelnd. „Den meisten Fahrschülern ist bewusst, dass sie ein großes Fahrzeug steuern. Sie agieren aus Respekt eher übervorsichtig als übermotiviert.“ Trotz der Schaltautomatik stehen ihm für Korrekturen drei Pedale zur Verfügung: „Das Gas rechts, die Bremse in der Mitte, und mit dem linken Pedal kann ich dem Fahrschüler bei Bedarf das Gas deaktivieren.“


Dazu kommen eine Hand voll Notfallknöpfe an der Armatur neben dem Fahrlehrer-Lenkrad, mit denen sich etwa die Lichthupe aktivieren, der Blinker einschalten oder das Fernlicht ausschalten lässt. „Am Anfang sind die Fahrschüler ganz auf den Verkehr konzentriert, da werden diese vermeintlichen Nebensächlichkeiten gerne übersehen. Unsere Aufgabe ist es aber, die Schüler darauf aufmerksam zu machen, ihren Fokus von Straße und Gegenverkehr auch auf diese Details zu lenken.“

Ausbildung im Wandel.

„Früher war es üblich, dass vor allem Männer mit dem Pkw-Führerschein auch gleich die Motorrad- und Lkw-Lenkberechtigung mitgemacht haben“, sagt Fahrschul-Besitzer Christian Hotter, während er Florian Pucher beim Üben zusieht. „Das ist heute anders. Daher bieten immer weniger Fahrschulen selbst Lkw-Ausbildungen an.“ Für Hotter kam es bislang aber nie in Frage, den Lkw-Bereich seiner Fahrschule aufzulassen. „Unsere große Stärke ist, dass wir an unseren beiden Standorten in Leibnitz und Deutschlandsberg alle Führerscheinklassen anbieten können. Dadurch kommen auch Schüler zu uns, die anderswo den Lkw-Schein nicht machen können. Oft machen sie dann auch andere Scheine gleich mit.“



Umbau mit Sonderwünschen.

Nur knapp jeder zehnte der jährlich etwa 1.400 Fahrschüler seines Unternehmens macht laut Christian Hotter den C-Schein. Neben dem Actros noch zwei weitere Mercedes-Benz Brummis im Einsatz, außerdem zwei Gelände-Lkw. Auch im Pkw-Bereich ist die Marke mit dem Stern im Fuhrpark breit vertreten. Das hat für Chef Hotter praktische Gründe: „Die Qualität der Fahrzeuge ist gut, sie sind top ausgestattet und der Service funktioniert einwandfrei – Stehzeiten gibt es praktisch nicht. Dazu kommt, dass wir beim Umbau des Actros einige Sonderwünsche hatten, die uns alle erfüllt werden konnten.“ Zum Beispiel wurde im Fahrerhaus ein dritter luftgefederter Sitz montiert.



Mit dem Führerschein ans Steuer des Feuerwehrwagens.

Stolz ist der Ober-Fahrlehrer auf die Erfolgsquote seiner Schüler: rund 95 Prozent! „Damit sind wir eine der erfolgreichsten Fahrschulen im Bundesland.“

Auch Florian Pucher hält einige Wochen später seinen Lkw-Schein in den Händen. Der 19-Jährige grinst. „Die Prüfung war nicht wirklich schwierig“, sagt er und schwingt sich in voller „Feuerwehr-Montur“ hinter das Steuer des Tanklöschfahrzeugs der Freiwilligen Feuerwehr St. Georgen an der Stiefing – ein Mercedes-Benz Atego 1629.

„Ich bin seit vielen Jahren bei der Feuerwehr“, sagt er, „und da bei uns immer wieder Not am Mann ist, wollte ich selbst auch den Schein haben. So kann ich im Notfall jederzeit einspringen.“ Positiver Nebeneffekt: „Der Schein erlaubt mir auch beruflich mehr Möglichkeiten. Es ist gut zu wissen, bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können.“


Fotos: Sebastian Freiler

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