Reinhard Lengauer liefert das Bier der Braucommune Freistadt aus

Reportage

Tradition im Gepäck.

Seit 13 Jahren ist Reinhard Lengauer bereits als Bierfahrer unterwegs. Für die Braucommune Freistadt fährt er einen hellgrünen Antos 2543.


Mit einem Hubstapler hebt sein Kollege Paletten voller Bierkisten auf die Ladefläche des Anhängers. Reinhard Lengauer übernimmt sie mit seinem elektrischen Hubwagen und rückt sie auf der Ladefläche in Position. Den Lieferschein hat er sich an die Innenseite des Anhängers heftet. Gewissenhaft kontrolliert er die Fracht und hakt immer wieder einzelne Positionen ab.

„Kisten haben wir jetzt genug“, ruft er dem Staplerfahrer zu. „Jetzt bitte noch 60 Heurigengarnituren“. Minuten später ist auch der Brummi mit Bierfässern, Bar-, Steh- und Schanktischen sowie Kühlschränken beladen.


Bier für eine Hausmesse in Reichenau.

Reinhard wirft einen prüfenden Blick auf die Fracht, hakt dann auch die letzte Position auf dem Lieferschein ab und schließt die Seitenbordwand. Seit 13 Jahren belädt der 42-Jährige Wochentag für Wochentag seinen Lkw mit Bier der Sorten Rotschopf, März’n oder Ratsherrn Premium und macht sich dann auf den Weg zur Kundschaft. Die ersten elf Jahre hatte er eine immer gleiche Tour zu Gasthöfen und Wirtshäusern.

Als Kapitän eines Hängerzugs hat er heute mehr Abwechslung: In der Früh war er schon in einem anderen Teil des Bundeslandes unterwegs, zwischendurch überstellte er einige Fässer in den nur wenige hundert Meter entfernten Braugasthof – und jetzt ist die kleine Ortschaft Reichenau im Mühlkreis sein Ziel. Ein Landmaschinenhändler hat dort eine Hausmesse mit hunderten Besuchern geplant. Und die wollen natürlich gut verpflegt werden – am besten mit Bier aus der Region.



Jahrhundertelange Brau-Tradition.

Wenn Johannes Leitner über Bier spricht, spürt man seine Begeisterung und seine Leidenschaft für die jahrtausendealte Geschichte des Hopfensafts. Stolz erklärt der Braumeister der Freistädter Brauerei den Ursprung der „Braucommune Freistadt“, die im Jahr 2020 ihr 250. Jubiläum feiert. So reichen die Wurzeln der Freistädter Brauaktivitäten mehrere Jahrhunderte zurück: Im Jahr 1363 verlieh Herzog Rudolf IV. den Bürgern von Freistadt das Privileg, in den eigenen Häusern Bier zu brauen und es dort auch auszuschenken. Dann, 1770, schlossen sich die 149 brauberechtigten Bürger zur „Braucommune Freistadt“ zusammen und eröffneten außerhalb der Stadtmauern ein großes Brauhaus. Die damals von den „Freistädter Braucommunisten“ erworbenen Rechte und Pflichten blieben bis in die Gegenwart unangetastet: Auch heute befindet sich die „Braucommune“ nach wie vor im Privatbesitz von 149 Bürgern. Mittlerweile ist sie die europaweit letzte verbleibende Firma mit der Rechtsform einer „Commune“.


Das herrschaftliche Brauhaus aus dem Jahr 1777 ist in seiner Grundform sehr gut erhalten. Hier befindet sich auch heute noch ein Teil der Produktion.
Das herrschaftliche Brauhaus aus dem Jahr 1777 ist in seiner Grundform sehr gut erhalten. Hier befindet sich auch heute noch ein Teil der Produktion.
Das Malz wird ganz oben unter dem Dach auf dem Malzboden gelagert und anschließend im Sudhaus im Keller des Gebäudes schonend geschrotet.
Das Malz wird ganz oben unter dem Dach auf dem Malzboden gelagert und anschließend im Sudhaus im Keller des Gebäudes schonend geschrotet.
Das geschrotete Malz wird mit Wasser vermengt und in der Maischepfanne eingemaischt. Danach kommt die Maische in den Läuterbottich – hier wird die Würze von den Trebern getrennt. In der Sudpfanne wird die Würze anschließend gekocht und der Hopfen in mehreren Schritten dazugegeben.
Das geschrotete Malz wird mit Wasser vermengt und in der Maischepfanne eingemaischt. Danach kommt die Maische in den Läuterbottich – hier wird die Würze von den Trebern getrennt. In der Sudpfanne wird die Würze anschließend gekocht und der Hopfen in mehreren Schritten dazugegeben.
Braumeister Johannes Leitner: „Bier wurde vom reinen Durstlöscher zum Kulturgut. Das ist eine Entwicklung, die mir persönlich sehr gut gefällt, die aber auch uns als Qualitätsbrauerei sehr entgegenkommt.“
Braumeister Johannes Leitner: „Bier wurde vom reinen Durstlöscher zum Kulturgut. Das ist eine Entwicklung, die mir persönlich sehr gut gefällt, die aber auch uns als Qualitätsbrauerei sehr entgegenkommt.“
Das Brauhaus wurde immer wieder aufwendig renoviert und beherbergt heute den Braugasthof, einen Shop, Seminar- und Büroräumlichkeiten sowie die Bierakademie.
Das Brauhaus wurde immer wieder aufwendig renoviert und beherbergt heute den Braugasthof, einen Shop, Seminar- und Büroräumlichkeiten sowie die Bierakademie.

Unterwegs im hellgrünen Antos.

Reinhard Lengauer macht sich von der Brauerei auf den Weg über die Böhmerwaldstraße in Richtung Reichenau. „Der Antos ist mit seinen 315 kW wie geschaffen für die hügelige Landschaft hier“, sagt er, „der läuft einfach perfekt.“ Ob er an seinem Lkw auch etwas auszusetzen hat? „Ganz im Gegenteil“, sagt der Oberösterreicher und rückt sich seine Kappe zurecht. „Der Antos ist ein überaus dankbares Fahrzeug – ich könnte mir kein besseres vorstellen. Da macht das unterwegs sein richtig Spaß.“


Die Flotte wächst.

Insgesamt 14 Lkw zählt die Flotte der Braucommune aktuell, die meisten tragen den Stern. Warum? „Ganz einfach: Es passen Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis und Service“, sagt Logistik-Chef Josef Tröbinger. „Und dieser Dreiachser ist genau die richtige Fahrzeuggröße für uns. Das macht die Entscheidung leicht.“

Schon bald sollen zwei weitere Mercedes in Dienst gestellt, die Flotte dann auf insgesamt 16 Fahrzeuge aufgestockt werden. „Die neuen Fahrzeuge sind auch unbedingt notwendig“, sagt Johannes Leitner und gerät zum Abschluss unseres Besuchs wieder ins Schwärmen.

„Während der heimische Biermarkt mehr oder weniger stagniert, durften wir uns in den vergangenen Jahren stets über zweistellige Zuwachsraten freuen.“



Mehr als 1.000 Biersorten in Österreich.

Für den Braumeister aber fast noch wichtiger ist eine andere Entwicklung, die nicht nur seine Brauerei betrifft, vielmehr die Gesellschaft insgesamt: „Bier hatte früher oft einen schlechten Ruf, galt im Vergleich zu Wein minderwertig. Das hat sich mittlerweile geändert: Wir haben heute in Österreich mehr als 300 Brauereien und rund 1.000 Biersorten. In Restaurants erklären Biersommeliers die Unterschiede der einzelnen Sorten, es wird neben der richtigen Speisenfolge auch über die richtige Bierfolge diskutiert. Bier wurde vom reinen Durstlöscher zum Kulturgut. Das kommt uns als Qualitätsbrauerei sehr entgegen.“


Zahlen – Daten – Fakten.

2.500 Tonnen Braugerste aus kontrolliertem Landbau der Erzeugergemeinschaft Zistersdorf (Weinviertel) werden jährlich für das Freistädter Bier verarbeitet.

15.000 Kilogramm Doldenhopfen braucht die Braucommune jährlich zur Herstellung ihrer Biere. Der Hopfen stammt zu 100 Prozent aus dem Mühlviertel.

60.000 Kubikmeter Mühlviertler Urgesteinswasser fließen pro Jahr in die Freistädter Braukunst ein.

110.000 Hektoliter Bier werden jährlich in der oberösterreichischen Brauerei hergestellt und in 56.000 Fässern, 400.000 6er-Trägern und einer Million Kisten ausgeliefert.


Fotos: Bubu Dujmic
 

2 Kommentare