Vierachser: Andreas Werth liefert Bau‑ und Dämmstoffe bis in den sechsten Stock

Reportage

Hohe Kunst.

Im Rhein‑Main‑Gebiet wird kräftig gebaut – vor allem in die Höhe. Andreas Werth hat dafür das ideale Fahrzeug: Sein Actros hat drei gelenkte Achsen, mehr als zwölf Tonnen Nutzlast und einen Ladekran mit 27‑Meter‑Ausleger.

Morgenstimmung: Unterwegs in der Frankfurter Innenstadt.
Morgenstimmung: Unterwegs in der Frankfurter Innenstadt.
Andreas „Andi“ Werth liefert seit 34 Jahren Baustoffe im Rhein-Main-Gebiet aus.
Andreas „Andi“ Werth liefert seit 34 Jahren Baustoffe im Rhein-Main-Gebiet aus.
Sowohl Vor- als auch Nachlaufachse des Vierachsers sind lift- und lenkbar.
Sowohl Vor- als auch Nachlaufachse des Vierachsers sind lift- und lenkbar.
Dank des Heckkrans kann Andi die Baustoffe in bis zu 27 Meter Höhe anliefern.
Dank des Heckkrans kann Andi die Baustoffe in bis zu 27 Meter Höhe anliefern.

Andreas Werth kennt sich aus. Ein Blick auf die Lieferadresse, und schon geht er im Kopf die Route vom Firmenstandort im Frankfurter Westen durch das Stadtgebiet durch. „Da nehme ich zuerst die Mainzer Straße – und dann muss ich schauen, da komme ich momentan nicht durch“, sagt Andreas, genannt Andi, der die Mainmetropole und das Rhein-Main-Gebiet in und auswendig zu kennen scheint – inklusive Sperrungen und Umleitungen. Kein Wunder, der 55-Jährige liefert seit 34 Jahren Baustoffe in der Region aus.


Dämmstoffe sind heiß begehrt.

Der Bauboom in und um Frankfurt hält trotz der Pandemie an. Wohnungsbau ist ein erklärtes Förderungsziel der Stadt, und auch im Hochhausviertel entstehen zahlreiche neue Projekte.

Andis Arbeitgeber ist die Wego Systembaustoffe GmbH mit Hauptsitz in Hanau. In und um Frankfurt kommen noch vier Standorte hinzu – deutschlandweit sind es über 50. Dämmstoffe und Trockenbaumaterialen sind das Hauptgeschäft des Unternehmens.

Egal ob für Neubauten, energetische Sanierungen oder den Um- und Ausbau von Wohnungen und Büros – die Baustoffe sind heiß begehrt.


„Unsere Besonderheit ist, dass wir das Material bis in den 6. Stock anliefern können“, sagt Andi auf dem Weg zur ersten Baustelle des Tages. Es ist kurz nach halb sieben Uhr morgens. Hinter der Frankfurter Skyline geht die Sonne auf. Die ersten Kräne setzen sich in Bewegung. Noch ist der Verkehr moderat. „Das ist aber gleich vorbei“, weiß Andi und wechselt die Fahrspur – ein Bauzaun blockiert die rechte Fahrspur. Mal wieder. „Hier muss man früh aufstehen, sonst ist an ein Durchkommen nicht zu denken.“



Hohe Anforderungen an Mensch und Fahrzeug.

Ziel heute ist ein Neubaugebiet nördlich von Frankfurt für rund 700 Wohneinheiten. Die Zufahrt ist eng. Ein Auflieger mit Betonelementen steht neben mehreren Transportern und einem 15-Tonner. Pkw der Baustellenmitarbeiter parken dicht neben Lagerflächen für Baumaterial. „Auf solchen Baustellen weißt du nie, was dich erwartet“, sagt Andi. „Das macht den Job so vielseitig.“ Aber eben auch stressig. „Die Zeit ist knapp, jedes Gewerk muss weiterkommen. Da kann ich nicht ewig im Weg stehen“, sagt Andi.

Während er die Stützen ausfährt, bereiten sich einige Stockwerke höher schon die Trockenbauer auf die Anlieferung vor. Andi öffnet Seiten- und Verdeckplane seines Vierachsers und bringt den Kran in Position. Dann wandert Palette für Palette nach oben.


Auf einem Balkon nehmen die Trockenbauer die insgesamt 160 Gipskartonplatten entgegen. „Früher mussten die Jungs die Platten einzeln nach oben tragen“, sagt Andi und schüttelt dabei den Kopf. Mit seinem 27‑Meter-Kran am Heck gehört das der Vergangenheit an.

Den Kranservice bietet Wego/Vti zusätzlich an. Ebenerdig abladen ginge auch. „Nur wo?“, fragt Andi und sieht sich um – das bisschen lehmiger Boden zwischen Bauzaun und Parkplatz ist wohl kaum geeignet. „Mit unserer Krananlieferung spart der Kunde Kraft und Zeit“, sagt Andi, der nun noch die Dämmfilzrollen und einige Eimer Spachtelmasse in die Höhe hebt. Dann schließt er die Plane und verstaut die Drehkopfwendegabel am Heck des Actros.


Wenig Platz: Mit gelenkter Vor- und Nachlaufachse bahnt sich Andi seinen Weg zur Entladestelle.
Wenig Platz: Mit gelenkter Vor- und Nachlaufachse bahnt sich Andi seinen Weg zur Entladestelle.
Die Schiebeverdeckplane ermöglicht die Entladung per Kran.
Die Schiebeverdeckplane ermöglicht die Entladung per Kran.

Eng, enger, Baustelle.

Mittlerweile haben sich weitere Kleintransporter durch die Einfahrt gezwängt. Einer parkt direkt an der Ausfahrt vom Gelände in einer Kurve. „Ich bin so dankbar über die beiden gelenkten Hinterachsen“, sagt Andi, der die Ausfahrt mit nur einem Zurücksetzen meistert. Zusätzlich zur gelenkten Vor- und der gelenkten Nachlaufachse hat der Actros Vollluftfederung. „So kann ich den Lkw anheben, wenn ich irgendwo aufsetzen würde und absenken, wenn ich durch niedrige Zufahrten muss.“

Andis Actros lief in Wörth als Dreiachser vom Band und wurde dann bei Custom Tailored Trucks in Molsheim mit der vierten Achse ausgerüstet, dank der mehr als zwölf Tonnen Nutzlast zur Verfügung stehen. Der Aufbau stammt von der Firma Kotschenreuther Jahnsdorf, der Kran ist ein Palfinger 34002 SH. Zurück am Standort wird für die nächste Tour geladen: U‑Profile und Gipskartonplatten für die nächste Baustelle. Im Gegensatz zur Entladung mit dem Kran kommt hier auf dem Gelände ein Gabelstapler zum Einsatz, der das Material von der Seite auflädt.


Am Wego-Standort Frankfurt wird Andis Actros von der Seite mit einem Gabelstapler beladen.
Am Wego-Standort Frankfurt wird Andis Actros von der Seite mit einem Gabelstapler beladen.
Am Wego-Standort Frankfurt wird Andis Actros von der Seite mit einem Gabelstapler beladen.
Am Wego-Standort Frankfurt wird Andis Actros von der Seite mit einem Gabelstapler beladen.

Danach ist dann Feierabend an diesem Freitag. Abends ist Stalldienst angesagt – dann ist Andi mit seiner Tochter beim Pferd verabredet. Und am Samstag soll es in den Wald gehen: Eine Buche muss zu Feuerholz verarbeitet werden. Ganz ohne Kran, hektischen Stadtverkehr und Baustellen. „Dabei kann ich mich dann richtig entspannen.“


Fotos: Alex Kraus
Video: Alexander Tempel

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