Abschlepper: der Arocs 4163 mit Masterlift-Aufbau

Fahrzeug & Technik

Pure Kraft.

Bis zu 5 000 Lkw pro Jahr – das ist das Pensum der Abschlepp-Profis von Gross aus der Nähe von Stuttgart. Seit Kurzem mit dabei: der Arocs mit Spezialaufbau.

Am Haken. Daniel Beyersdorf nimmt einen havarierten Lkw auf. Weil sich das Vorgehen dabei von Fahrzeug zu Fahrzeug unterscheidet, sind Fachkenntnisse und Fingerspitzengefühl gefragt.


Daniel Beyersdorf hat gerade das gelbe Ortschild von Nürtingen passiert, als er auf die Hupe drückt. Ein Mann auf dem Bürgersteig dreht sich zur Straße hin, schmunzelt und winkt zum Fahrerhaus hinauf. „Das war mein Lkw-Fahrlehrer. Der hätte sich nicht träumen lassen, dass ich mal mit so einem Ding unterwegs bin“, sagt Beyersdorf. Das „Ding“ ist ein Arocs mit Masterlift-Aufbau. 460 kW pure Kraft, am Heck ein hydraulischer Hubarm mit zwei massiven Seilwinden – genug Power und Technik, um selbst ein 100-Tonnen-Fahrzeug aus dem Straßengraben zu ziehen und abzuschleppen.

Der Schriftzug von Beyersdorfs Arbeitgeber zieht sich in roten Versalien über beide Flanken des Spezial-Arocs: Gross. Was in den frühen 50er-Jahren als Tankstelle mit Schlosserwerkstatt in Köngen bei Stuttgart gegründet wurde, hat sich zur Unternehmensgruppe mit rund 400 Mitarbeitern an 23 Standorten entwickelt. Die Flotte umfasst nahezu 340 Lkw und Transporter, fast alle von Mercedes-Benz. Zum umfangreichen Portfolio zählt noch immer eine Tankstelle, aber auch Hallen zum sicheren Einlagern von Fahrzeugen oder ein zertifizierter Verwertungsbetrieb.

Eine Schlüsselrolle spielen Autotransporte. „Vor allem geht es um Sonderaufträge“, sagt Rainer Petermann, der den Familienbetrieb in dritter Generation führt: Gross befördert europaweit Versuchswagen für Hersteller sowie Fahrzeuge für Filmproduktionen. Hinzu kommen Transfers im Auftrag großer Autohäuser. „Wir fahren zum Beispiel Neu- und auch Gebrauchtwagen in Lackierereien und zurück.“ Rund 80 000 Transporte wurden im vergangenen Jahr insgesamt absolviert.

Noch wichtiger ist nur das Bergen und Abschleppen. Rund 250000 Fahrzeuge hatten die Schwaben zuletzt pro Jahr am Haken oder auf dem Transporter. „An 365 Tagen im Jahr rücken wir rund um die Uhr aus, unsere Crews sind immer auf Stand-by“, sagt Geschäftsführer Bruno Noce. Neben Baden-Württemberg ist der Großraum Dresden ein Schwerpunkt, dort befindet sich eine der Gross-Filialen. Eine weitere wurde in Spanien eröffnet. „Von dort, aber auch aus der Schweiz oder Oberitalien überführen wir Pannen- und Unfall-Fahrzeuge nach Deutschland.“ Gross ist sowohl Partner des ADAC und des ÖAMTC in Österreich als auch einer Reihe von Versicherungen. „Bleibt ein Versicherter von einer dieser Gesellschaften mit seinem Auto liegen, wird er von uns abgeschleppt.“


In Kontakt. Der liegengebliebene Lkw muss vom Abschlepper mit Elektrizität und Druckluft versorgt werden.


Die, so Arocs-Fahrer Beyersdorf, „Königsdisziplin“ ist das Bergen und Abschleppen von Lkw – nach technischen Pannen, nach Unfällen oder auch, nachdem sie im Winter von der Straße abgekommen sind. Bis zu 5 000 Trucks und ihre Fahrer bringen die Experten pro Jahr aus der Bredouille. Tendenz steigend. „Der Schwerverkehr nimmt schließlich massiv zu“, sagt Petermann.

„Wenn ein Lkw havariert, kommt im besten Fall kein Mensch zu Schaden. Aber der Truck fällt trotzdem aus – und oft stehen Hunderte oder gar Tausende im Stau.“ Entsprechend reibungslos müssen die Abschlepp-Einsätze über die Bühne gehen. „Das können wir, auch weil wir ein dichtes Netz und eine starke Flotte haben.“

Die Flotte zum Abschleppen von Lkw besteht aus zehn schweren Masterlift-Trucks. Basisfahrzeug der beiden jüngsten Exemplare: der Arocs 4163, maximal motorisiert mit dem 6-Zylinder-Reihenmotor OM 473 mit 15,6 Liter Hubraum. „Das sind Giganten mit brachialer Kraft und gewaltigem Drehmoment“, sagt Petermann. „Nicht zu vergessen: Das ist ein schadstoffarmer, sparsamer Euro VI-Motor. Wir setzen grundsätzlich auf die aktuellste Schadstoffklasse.“

Dank Turbo-Retarder-Kupplung können sich die Abschlepper auch dann mühelos und verschleißfrei in Bewegung setzen, wenn ein ganz schwerer „Brocken“ zu bergen ist. „Hinzu kommen Überlastrahmen, Federpakete und Stabilisatoren, die Kühlung ist ebenfalls auf Überlast ausgelegt“, sagt Petermann. So wird ein ohnehin robuster Truck noch widerstandsfähiger. Details wie vergitterte Scheinwerfer sind das „i-Tüpfelchen“.


Auf Erfolgskurs. Inhaber Rainer Petermann (l.) und Geschäftsführer Bruno Noce vor den beiden stärksten Fahrzeugen des Gross-Fuhrparks.


Eine Klasse für sich sind auch die Masterlift-Aufbauten vom Spezial-Hersteller Brechtel. Der hydraulische Hubarm ist nicht nur auf höchste Belastungen ausgelegt, er lässt sich beim Aufnehmen des havarierten Lkw auch besonders tief absenken, bis fast auf den Asphalt. „Das ermöglicht schadenfreies Abschleppen“, erklärt Bruno Noce. „Wir hätten schließlich ein Problem, wenn ein Einsatz mit einem verbogenen Fahrzeugrahmen enden würde.“

Eine Besonderheit des Aufbaus: „Die Katalysator-Anlage ist ganz oben hinter dem Fahrerhaus installiert. So kann ihr die enorme Wärmeentwicklung beim Abschleppen nichts anhaben.“ Mittig hinter dem Fahrerhaus sitzt der beinahe 1 000 Liter fassende Zusatztank, in den der Kraftstoff des defekten Trucks gepumpt wird. Sämtliches Equipment zum Bergen und auch zum Absichern von Unfallstellen hat in Staukästen zu beiden Seiten des Trucks Platz.

„Mit Brechtel und Mercedes-Benz haben wir einfach zwei ideale Partner“, resümiert Petermann – der den nächsten Arocs bereits gekauft hat. „Er bekommt gerade seinen Aufbau, das dauert einige Monate.“ Bis 2018 soll die Masterlift-Flotte bei Gross von zehn auf 15 vergrößert werden. Auch bei den künftigen Neuzugängen plant man mit dem Arocs als Basis.

Eine Entscheidung, die auch Daniel Beyersdorf begrüßt: „Es ist ja nicht nur die Kraft, beim Arocs harmoniert alles: Man hat eine hervorragende Übersicht, er fährt sich mit der 12-Gang-Automatik sehr komfortabel, hat eine tolle Servolenkung und entwickelt überraschend wenig Fahrgeräusch.“ Aus Fahrersicht nicht weniger wichtig: Das L-Fahrerhaus GigaSpace bietet reichlich Platz.

Den Lkw-Führerschein hat der 37-Jährige vor langer Zeit als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr gemacht. Einige der damaligen Kameraden hat er jüngst getroffen – bei einem seiner ersten großen Einsätze mit dem Arocs Masterlift: „Denen ist das große Drehleiter-Fahrzeug in einer engen Kurve umgekippt.“ Ehrensache, dass auch diese Bergung reibungslos über die Bühne ging.

www.gross-gruppe.com

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