Unterwegs in Australien: Der Zetros im Offroad-Test

Zetros

Abseits der Autobahn.

Unser Experte Dave Whyte geht in Australien mit dem Zetros ins Gelände, um dessen Potenzial für den Allradmarkt auszuloten. Lest seinen kompletten Bericht über den Zetros abseits der Autobahn hier bei RoadStars.

In ungewohntem Gelände und ungewohnten Fahrzeugen – mit grosser Souveränität und hohem Komfort.


Dave Whyte: Ich gestehe freimütig, dass ich meine Erfahrungen am Steuer fast ausschliesslich auf asphaltierten Strassen gemacht habe. Meistens sass ich dabei am Lenkrad eines für den Fernverkehr ausgelegten Lastkraftwagens, in jüngerer Zeit mit Anhängern mit geringer Bodenfreiheit im Schlepptau. Stellt euch also meine Gefühlslage vor, als ich im Fahrerhaus eines Lkw Platz nahm und eine enge Feuerschneise voller Spurrillen vor mir sah. Meine Gefühle waren durchaus gemischt, als ich mich an Bord eines brandneuen Mercedes-Benz Zetros in den Busch begab, um dessen Geländegängigkeit auf die Probe zu stellen…


Der Mercedes-Benz Zetros stellt ein imposantes Stück Technik dar.

Mit dem in 4×4- und 6×6-Konfiguration erhältlichen Zetros wendet sich Mercedes-Benz an jene, die Orte ansteuern wollen, die für grosse Lkw normalerweise tabu sind; unter anderem ist er für die Feuerbekämpfung und den Einsatz in abgelegenen, schwer zugänglichen Regionen geeignet. Er unterscheidet sich deutlich vom Mercedes-Benz Flaggschiff, dem Actros. Die Aufgaben, für die der Zetros ausgelegt ist, und das Gelände, für das er konstruiert ist, würden die meisten Fernverkehr-Lkw wohl komplett überfordern.

Gleichwohl steckt im Zetros die gleiche Technik wie unter einer Actros-Fahrerkabine, doch hat der Zetros noch ein paar Tricks auf Lager. Es gibt einige Orte, die für den Zetros anders als für einen 6×6-Actros zugänglich sind, wozu auch der Laderaum eines Hercules-Frachtflugzeugs gehört. Tatsächlich war das eines der Konstruktionskriterien und ist auch der Grund für die eigenwillig gestaltete Dachlinie, die an beiden Seiten schräg abfällt. Zwar wird die grosse Mehrheit der Käufer dies nie selbst ausprobieren, aber Grosseinkäufer werden diese Eigenschaft wahrscheinlich berücksichtigen.

Der Zetros ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Hersteller mit Teilen aus dem Regal eine Spezialmaschine fertigt. Er wird vom gleichen 7,2-Liter-Reihensechszylinder OM 926 LA angetrieben, der auch unter der Axor-Kabine zu finden ist. Im Fahrerhaus kommen die Instrumententafeln aus der Axor- und Atego-Modellreihe zum Einsatz. Während das Fahrerhaus selbst speziell für den Zetros entwickelt wurde, stammen die Türen aus dem Unimog-Teilekatalog. Das bedeutet für den Käufer: Teile sind leicht erhältlich, und jede Mercedes-Benz Lkw-Vertretung kann Reparaturdienste und Unterstützung anbieten.



«Jeder Aspekt des Zetros unterstreicht die Robustheit und Langlebigkeit der Bauteile, die für die verschiedenen Einsatzzwecke der 4×4- und 6×6-Allradantriebe im Gelände konzipiert sind.»

– Dave Whyte


Der Zetros überzeugt auf Asphalt und im Gelände.

Der Antriebsstrang hinter dem Motor besteht aus einem Allison 3000P-Sechsgang-Automatikgetriebe und einem zweistufigen Verteilergetriebe von Mercedes-Benz. Anschliessend wird die Kraft an die Vorder- und Hinterräder übertragen, wobei das Standard-Strassenprogramm 40 % an die Vorderräder und 60 % an die Hinterräder überträgt. Im Offroad-Modus wird die Kraft gleichmässig (1:1) auf die Vorder- und Hinterräder verteilt. In diesem Modus wird zudem eine kürzere Übersetzung (1,69:1) im Verteilergetriebe gewählt, wodurch sich eine wesentlich bessere Dosierbarkeit der Geschwindigkeit und eine grössere Motorbremswirkung ergeben. Differenzialsperren erhöhen die Traktion und lassen sich im Fahrerhaus mühelos aktivieren. Die Radführung erfolgt rundum mit Parabelfedern, wobei die vorderen Federn mit drei Blättern für bis zu 9,0 Tonnen und die hinteren mit vier Blättern für bis zu 9,0 Tonnen pro Achse ausgelegt sind (je nach Rad- und Reifengrösse). Aussenplanetengetriebe (mit den zuvor erwähnten Differenzialsperren) bringen die Kraft über riesige Reifen der Grösse 14.00 R 20 auf den Boden.

Alle Bauteile sind an einem 9,5 mm dicken Leiterrahmen befestigt, der sowohl Festigkeit als auch Flexibilität gewährleistet, wie sich während der Fahrt zeigte. Die robuste Technik ist wahrlich nicht leicht. In der Grundausführung (Fahrerhaus/Fahrgestell) wiegt der 4×4-Zetros 1833 A knapp über 8,0 Tonnen, während der 6×6-2733 A 10,5 Tonnen auf die Waage bringt. Das mag für Firmen, die schwere Zugmaschinen für Road-Trains betreiben, nicht allzu schlecht erscheinen, doch das Zuggesamtgewicht ist durch die Allison-Automatik beschränkt, und diese Lkw ziehen keine 130 Tonnen. Für Aufgaben mit höherem Zuggesamtgewicht ist jedoch ein Schaltgetriebe lieferbar. Dessen ungeachtet bieten die Fahrzeuge einen hohen Bedienkomfort und sind wendig genug, dorthin zu gelangen, wohin es die meisten teuren 4×4-Wagen nicht schaffen.

Der Zetros ist zwar für den Einsatz im Gelände ausgelegt, überzeugt aber auch auf dem Asphalt mit fahrerfreundlichen Eigenschaften. Die Geländefahrten des Testtages sollten im Hinterland von Anglesea stattfinden, ungefähr eine Fahrstunde westlich von Melbourne. Die einstündige Fahrt umfasste Autobahnen und Landstrassen, bevor es die letzten paar Kilometer über die Great Ocean Road ging. Das bot eine gute Gelegenheit, sich vor dem Ausflug ins Gelände mit dem Fahrverhalten des Zetros vertraut zu machen, einschliesslich Lenk- und Bremsverhalten.



Grosse Souveränität und hoher Komfort.

Wie allgemein üblich ist die Fahrgeschwindigkeit des Zetros auf 100 km/h begrenzt, doch aufgrund der Übersetzung und zur Schonung der Mechanik liessich es auf der Strasse bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h bewenden. Bei diesem Tempo drehte der Motor mit 2000 U/min; zwar hätte er 100 km/h geschafft, doch sah ich keine Notwendigkeit, noch mehr Gas zu geben. Der Zetros zeigte auf der Strasse sehr gute Fahreigenschaften, allerdings wurde durch das mangelnde Gewicht am 4×4-Modell deutlich, wie hart die Hinterachse gefedert ist. Der 6×6, mit einer Pritsche ausgestattet und mit 4,0 Tonnen Beton beladen, bewies deutlich mehr Federungskomfort und damit auch ein besseres Fahrverhalten.

Schliesslich kam die Zeit, den Geländemodus zu wählen und uns den Weg durch den Wald zu bahnen. Als wir die Feuerschneisen entlangfuhren, gab es einige Stellen, wo die Spuren kleinerer 4×4-Fahrzeuge abrupt endeten. Eine dieser Stellen war eine steile Böschung, wo jemand offenkundig mehrfach versucht hatte, mit seinem 4×4 nach oben zu kommen, es aber nicht geschafft hatte. Sowohl der 4×4- als auch der 6×6-Zetros bewältigten die Böschung völlig mühelos und machten damit deutlich, wozu diese Lkw imstande sind. Das war eine Gelegenheit, bei der ich die Aufhängung des 6×6 wirklich arbeiten sehen und die Flexibilität des Fahrgestells beobachten konnte. Aufgrund der Flexibilität von Achsführung und Fahrgestell waren alle sechs Räder fest auf dem Boden, bis die Hinterachse den Bodenkontakt verlor, als der Lkw am Ende der Böschung wieder die Horizontale erreichte.

Obwohl die meisten der von uns befahrenen Wege keine wirkliche Bewährungsprobe für die Zetros darstellten, traten auf bestimmten Abschnitten die Vorteile verschiedener Aspekte ihrer Bauweise zutage. Bodenfreiheit, Auffahrwinkel und Wendekreis erwiesen sich im Laufe des Tages als Pluspunkte. Ich für meinen Teil war erstaunt über die Geländegängigkeit dieser Lastkraftwagen. Noch erstaunlicher: Sie bewältigten diese Strecken mit mir am Steuer – in ungewohntem Gelände und ungewohnten Fahrzeugen – mit grosser Souveränität und hohem Komfort.



Unterwegs durch den australischen Busch.

Zweifellos trug das Allison-Automatikgetriebe enorm zum Bedienkomfort bei, da es bei Gangwechseln keine Zugkraftunterbrechung gab. Das bedeutete: nahtlose Leistungsentfaltung an Anstiegen, selbst wenn Gangwechsel nötig waren, ohne Verlust an Schwung. Klar sahen die Fahrzeuge etwas mitgenommen aus, nachdem sie den ganzen Tag durch den Busch bewegt worden waren, doch schliesslich werden sie genau dafür gebaut, oder?

Der Zetros kämpft um Anteile in einem Nischenmarkt, in dem die Käufer Fahrzeuge nicht nach dem Aussehen kaufen, sondern nach ihren Anforderungen (was mir sowieso besser gefällt). Zwar habe ich schon einige Konkurrenzfahrzeuge gefahren, doch keines von ihnen hätte in ein Hercules-Frachtflugzeug gepasst. Aber Spass beiseite. Bei den meisten anderen Modellen auf dem Offroad-Markt handelt es sich um Frontlenker; der Unterschied mag minimal sein, doch ermöglichen Haubenlenker ein ganz anderes Fahrerlebnis. Die lange Motorhaube bietet nicht nur Schutz, etwa vor herunterhängenden Ästen, sondern die besseren Fahreigenschaften und die geringere Geräuschentwicklung machen dem Fahrer das Leben wesentlich leichter.

Keine Frage, der Zetros ist leistungsfähig, Service und Support sind verfügbar, und er ist in jeder Mercedes-Benz Lkw-Vertretung im ganzen Land käuflich zu erwerben. Ob Sie auf der Suche nach einem Feuerwehrwagen, einem Wassertankfahrzeug oder einem Offroad-Camper sind: Es lohnt sich auf jeden Fall, den Zetros näher unter die Lupe zu nehmen.


Quelle: Mercedes-Benz Special Trucks World

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