Im Schneckentempo nach Esbjerg

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Im Schneckentempo nach Esbjerg.

Hindernislauf ist die richtige Bezeichnung für ein Fahrzeug, das mit einem Gesamtgewicht von 245 Tonnen auf schmalen Landstraßen von Ringkøbing nach Esbjerg unterwegs ist. Schnurgerade Autobahnen gibt es hier nicht.


Im Gegenteil: auf der Strecke, die über kleine Landstraßen in Dänemark führt, gibt es sogar zahlreiche Kreisverkehre – nicht selten so eng, dass das lange Fahrzeug in die Gegenrichtung einfahren muss, um überhaupt durchzukommen. An manchen Stellen verläuft eine gerade Straße durch den Kreisverkehr, die mit Rücksicht auf die langen Schwerlasttransporter für Windkraftanlagen mit einer Schranke ausgestattet ist.

Das Speditionsunternehmen Frank Nørager & Co A/S hat sich auf den Transport von Bauteilen für Windkraftanlagen spezialisiert. RoadStars erhielt die Gelegenheit, bei einem Transport einer Gondel auf einem Schwerlasttransporter mit einem eineinhalb Jahre alten Mercedes-Benz Arocs bis 250 Tonnen 4163 als Zugfahrzeug mitzufahren. Für alle, die es nicht schon wussten: Die Gondel ist das Maschinenhaus einer Windkraftanlage, an der die Rotorblätter montiert sind – das eigentliche Herzstück der Windkraftanlage also. Da diese Gondel für den Offshore-Einsatz vorgesehen ist, wurde auch die Nabe vor dem Transport bereits montiert.

Wie mit dem Spediteur Frank Nørager und dem Arocs-Fahrer Frank Kokholm abgemacht, treffen wir uns an der Produktionsanlage von Vestas im Hafen von Ringkøbing. Der Arocs steht schon mit der Gondel zur Abfahrt bereit. „Mit Rücksicht auf den allgemeinen Verkehr dürfen wir eigentlich erst nach 20 Uhr losfahren“, erklärt Frank Kokholm. Wir fahren aber trotzdem schon mal los, denn auf einmal wimmelt es auf den Landstraßen von Schwerlasttransportern für Windkraftwerke. Ein Transport dieser Größenordnung muss zwei Begleitfahrzeuge haben – eines vorne und eines hinten. „Das hintere Begleitfahrzeug ist eigentlich mein Rückspiegel“, erklärt Frank Kokholm, „denn ich sehe nach hinten raus so gut wie überhaupt nichts, deswegen stehe ich in ständigem Funkkontakt mit beiden Begleitfahrzeugen.“

Gegen 19 Uhr lässt er den Arocs an, damit der Motor vor der Abfahrt warm werden und den nötigen Druck aufbauen kann. Um 19.15 Uhr setzt sich der Lastzug in Bewegung. Mithilfe der Turbo-Retarder-Kupplung rollt der Lkw trotz der schweren Ladung ohne Probleme an.



Der hat mich noch nie im Stich gelassen!

Allein für Frank Nørager A/S ist Frank Kokholm bereits seit 10 Jahren tätig. Früher hat er auch Windkraftanlagen in Schottland transportiert. Er ist ein sehr erfahrener Fahrer, vor allem im Hinblick auf diese Art von Transporten. Da Windkraftanlagen häufig in wenig erschlossenen Gegenden gebaut werden, hat er schon alles Mögliche erlebt. Mit seiner ultraschweren Ladung muss das Fahrzeug verschiedenste Geländetypen bewältigen. Frank Kokholm zeigt Fotos auf seinem iPhone. Sie dokumentieren die Strapazen, die er und das Fahrzeug bereits gemeistert haben. Schlamm, hoher Schnee und vieles mehr. „Dieser Arocs hat mich noch nie im Stich gelassen“, erklärt er. Das lässt schon erahnen, über welche Kräfte dieses Fahrzeug verfügt.

Auch generell scheint er eine gute Betriebssicherheit aufzuweisen. Eine Woche nach unserem Besuch steht für Frank Kokholm und den Arocs eine Fahrt nach Kirkenes auf dem Programm. Weiter hoch nach Lappland geht fast nicht. Die Fahrt von Ringkøbing nach Esbjerg erscheint dagegen als das reinste Kinderspiel. „Wenn Windkraftanlagen bis weit nach Südeuropa transportiert werden sollen, wird der Spediteur häufig bereits bei der Bestellung der Anlagen in die Routenplanung miteinbezogen. Das kann mehrere Jahre vor dem Bau der Anlagen sein“, berichtet der Fahrer. Das zeigt, wie komplex die Routenplanung ist. Hier kann man wirklich von Logistik sprechen, denn sämtliche Verkehrsbehörden in allen Ländern, die durchquert werden sollen, müssen grünes Licht geben.

Aber zurück nach Ringkøbing. Unmittelbar außerhalb der Stadt muss der erste Kreisverkehr bewältigt werden. Hier wurde die Rabatte mit zusätzlichem Belag versehen, damit das lange Fahrzeug weicher in die Kurve kommt. Das erste Begleitfahrzeug sorgt für eine freie Durchfahrt, während das zweite den Verkehr für die Dauer des Manövers aufhält.



Spezialist für Schwerlasttransporte von Windkraftwerken.

Es ist oben vermutlich schon deutlich geworden: Transporte von Windkraftanlagen kann nicht jeder machen. Frank Nørager & Co verfügt jedoch über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Branche. Der vollständige Name des Unternehmens lautet Hjortdal Specialtransport Frank Nørager & Co A/S. Die Firma wurde 1982 als Hjortdal Specialtransport von Frank Nørager gegründet. Damals war er der einzige Spediteur, der selbst fuhr.

Mit mehr als 185 Sattelaufliegern und Schwerlastmodulen, 75 Zugfahrzeugen für Schwerlasttransporte und 6 Kranfahrzeugen von 36 bis 150 Metertonnen verfügt die Spedition über eine weitgehend moderne, gepflegte Flotte von Spezialtransportern mit entsprechender Ausrüstung. Das Unternehmen hat rund 125 Mitarbeiter. „Von den Zugfahrzeugen sind 10 Mercedes-Benz-Fahrzeuge. Für die ganz schweren Transporte sind die Deutschen einfach unschlagbar“, so Frank Nørager.

„Die neuesten Modelle überzeugen auch durch den wirtschaftlichen Kraftstoffverbrauch. Die Fahrer sind generell zufrieden mit den Fahrzeugen. Bei der Wahl von Fahrzeugen ist es für uns aber auch wichtig, dass wir beim Händler einen Ansprechpartner haben, der praktisch rund um die Uhr zur Verfügung steht. Das haben wir bei Mercedes-Benz - das Unternehmen hat ja auch ein gutes Werkstattnetz in ganz Europa. So sind wir bei einer Panne schnell wieder fahrbereit“, erklärt Frank Nørager abschließend.

2010 wurde das Unternehmen von 3F zum Arbeitsplatz des Jahres gekürt. Es verfügt über Tochtergesellschaften in Schweden, Polen, England und Deutschland.

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