SaniStop: 150 sanitäre Anlagen bundesweit öffnen für Lkw-Fahrer während der Corona-Krise

Panorama

SaniStop, eine Initiative von DocStop.

Während der Corona-Krise wurden viele sanitäre Anlagen für betriebsfremde Personen geschlossen. Besonders abseits der Autobahn gab es für Lkw-Fahrer so oft keine Chance zu duschen oder auf die Toilette zu gehen. Die Initiative SaniStop wollte das nicht hinnehmen! Mehr als 150 Duschen und Toiletten wurden für Lkw-Fahrer geöffnet. Die Standorte sind unter www.docstop.eu aufgeführt.

Immer unterwegs, auch während der Corona-Krise: Fehrenkötter-Fahrer Erlenfried Galuba und sein neuer Actros.


Sich frisch machen, duschen, eine Toilette finden. Das sind elementare Bedürfnisse für Lkw-Fahrer unterwegs auf ihren Touren. Während des coronabedingten Lockdowns war es jedoch für viele von ihnen unmöglich, sanitäre Anlagen und Waschgelegenheiten zu nutzen. Zwar waren zahlreiche Toiletten auf den deutschen Autobahnen während der Corona-Pandemie sogar kostenfrei nutzbar. Aber: Jenseits der großen Verkehrsachsen stehen Lkw-Fahrer nach wie vor oft vor verschlossenen WC-Türen.


Joachim Fehrenkötter erklärt die Abstands- und Hygienevorschriften in seinem Unternehmen.
Joachim Fehrenkötter erklärt die Abstands- und Hygienevorschriften in seinem Unternehmen.
Kommunikativ trotz Mundschutz: Joachim Fehrenkötter im Gespräch mit Fuhrparkleiter Robert Theis.
Kommunikativ trotz Mundschutz: Joachim Fehrenkötter im Gespräch mit Fuhrparkleiter Robert Theis.

Erlenfried Galuba, Fahrer bei der Spedition Fehrenkötter aus Ladbergen, berichtet: „Im Alltag dürfen wir normalerweise die Waschräume der Kunden benutzen. Aber seit Beginn der Corona-Krise sind viele Gäste-Toiletten für uns geschlossen. Jedes Unternehmen hat erst mal an die eigenen Mitarbeiter gedacht. Wir sind da durchs Raster gefallen!“


DocStop-Aktivisten starten SaniStop.

Galubas Chef wollte das nicht hinnehmen: Joachim Fehrenkötter ist geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Fehrenkötter. Außerdem ist er 1. Vorsitzender von DocStop e.V. Der Verein engagiert sich bereits seit 2007 für die medizinische Versorgung von Lkw-Fahrern. Nun fand DocStop in dem durch die Corona-Krise ausgelösten sanitären Notstand ein weiteres Aktionsfeld.

„Ich bin selbst früher Lkw gefahren und weiß, wie wichtig der Zugang zu Duschen und WCs für Lkw-Fahrer ist“, sagt Fehrenkötter. Gemeinsam mit Rainer Bernickel, Gründer und ebenfalls Vorstandsmitglied von DocStop, setzte er sich ans Telefon, um in der Branche Mitstreiter zu finden. Resultat: Innerhalb einer Woche schufen die beiden Aktivisten ein Netzwerk von 150 unterstützenden Unternehmen in Deutschland. Sie wollten während der Pandemie ihre Waschräume Lkw-Fahrern kostenfrei zur Verfügung stellen. Das war die Geburtsstunde der DocStop-Initiative SaniStop.


Verschlossene Türen: Viele Fahrer gelten seit dem Beginn der Corona-Pandemie als betriebsfremde Personen und haben keinen Zugang mehr zu sanitären Anlagen in den Unternehmen.


Schöne Worte sind nicht genug.

Erlenfried Galuba, den alle nur „Erle“ nennen, stand in den vergangenen Monaten nur zu oft vor verschlossenen WC-Türen: „Wir Fahrer sind in vielen Medien ja jetzt die Helden, weil wir die Versorgung sicherstellen. Das ist aber nur Gerede und bringt uns im Alltag nicht viel. Waschräume bleiben trotzdem häufig verschlossen.“

Wenn er über Nacht unterwegs ist, geht Erle jetzt vorher auf die DocStop-Website www.docstop.eu und schaut nach, wo SaniStop-Waschräume entlang seiner Tour vorhanden sind. Dann ist er auf der sicheren Seite.


Hygiene als Voraussetzung für Fitness und Gesundheit der Lkw-Fahrer: Erlenfried Galuba nutzt einen SaniStop-Waschraum abseits der Autobahn.


Sanitärcontainer an Brennpunkten abseits der Autobahn.

Zwei Sorten von SaniStops gibt es: zum einen Waschräume, die Firmen für alle Lkw-Fahrer geöffnet halten, zum anderen mobile Sanitärcontainer. Die Aufstellung solcher Container war eine Idee von Ralf Merkelbach, Key Account Manager für Großflotten in Europa bei BPW Bergische Achsen KG. An Brennpunkten stehen heute vielfach solche mobilen Waschgelegenheiten.

Weitere Unterstützung gesellte sich hinzu: Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), die Logistics Alliance Germany und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie eine Reihe von Spendern aus der Wirtschaft unterstützten die Maßnahmen und integrierten sie in die vom Fraunhofer IML gegründeten Brancheninitiative #LogistikHilft. Die Schirmherrschaft übernahmen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger, Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik.


Pause ohne Toilette: Fehrenkötter-Fahrer Erlenfried Galuba macht gute Miene zum bösen Spiel.


Daimler Truck AG spendet 7.500 Euro für #LogistikHilft.

Auch die Daimler Truck AG schloss sich dem Unterstützerkreis an und stellte 7.500 Euro für den Unterhalt und die Pflege von Dusch- und Toilettencontainern bereit. Solche Container gibt es zum Beispiel nun in unmittelbarer Nähe des Mercedes‑Benz Werks Ludwigsfelde bei Berlin oder im Güterverkehrszentrum (GVZ) Bremen. „Vor dem Start von SaniStop waren hier nach 18 Uhr keine Toiletten für Lkw-Fahrer mehr geöffnet“, erzählt Joachim Fehrenkötter, dessen Spedition sich mit 150 Lkw auf den Transport von Landmaschinentechnik und Automobilen spezialisiert hat.

Während der Krise die Geschäfte weiter am Laufen zu halten ist für alle Beteiligte eine Herausforderung. Quarantäne, Homeoffice, Mitarbeiter, die zur Risikogruppe gehören – das alles geht an keinem Betrieb spurlos vorbei. „Anfangs hatten wir große Sorge um unsere Mitarbeiter und haben versucht, unseren Standort so leer wie möglich zu bekommen. Jetzt sieht man, dass die Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienevorschriften genügt, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Und so kehren wir allmählich zum Alltag zurück“, erzählt Fehrenkötter.


Spediteur Joachim Fehrenkötter mit Lkw-Fahrer Erlenfried Galuba und dessen neuem Mercedes-Benz Actros.
Spediteur Joachim Fehrenkötter mit Lkw-Fahrer Erlenfried Galuba und dessen neuem Mercedes-Benz Actros.
Das Geschäft geht weiter: Erlenfried Galuba lädt Pkw beim Autohaus Beresa in unmittelbarer Nähe des Flughafens Münster/Osnabrück.
Das Geschäft geht weiter: Erlenfried Galuba lädt Pkw beim Autohaus Beresa in unmittelbarer Nähe des Flughafens Münster/Osnabrück.

Nach wie vor zu wenig Toiletten, Duschen, Parkplätze für Lkw-Fahrer.

Die Situation vieler Fahrer unterwegs bleibt aber schwierig. „Die ersten Tage des Lockdowns waren für viele Kollegen der Horror“, erinnert sich Fahrer Erle. „Megastaus an den Grenzen und Werksschließungen, sodass man seine Ladung nicht mehr loswird. Verpflegung war auch ein schwieriges Thema, weil man nirgendwo eine warme Mahlzeit bekam. Das hat sich ja immerhin gegeben. Aber Toiletten und Duschen sind häufig immer noch gesperrt. Zum Glück gibt es SaniStop!“


Ein Post mit Folgen.

Wie dringlich das Problem mit den geschlossenen sanitären Anlagen war, zeigt ein Post von Joachim Fehrenkötter auf der Facebook-Seite seines Unternehmens: ein simples Foto der Waschgelegenheiten in der Firmenzentrale, dazu der Satz, dass Duschen, Toiletten und Parkplätze bei Fehrenkötter auch betriebsfremden Fahrern während der Corona-Krise weiter zur Verfügung stehen. Die Reaktion: 742.000 erreichte Personen, 7.981 Mal wurde die Nachricht geteilt, 7.199 Likes, 671 ausschließlich positive Kommentare.

„Wir haben mit SaniStop und #LogistikHilft eine Menge erreicht. Wir dürfen jedoch jetzt nicht stehen bleiben“, fordert Joachim Fehrenkötter. „Es gibt immer noch zu wenig gut ausgestattete Rast- und Parkplätze für Lkw-Fahrer. Jede noch so kleine Kneipe muss in Deutschland eine Gäste-Toilette und Parkplätze nachweisen. Es gibt so viele Firmen, die vom Lkw profitieren, zum Beispiel Supermärkte, Lager großer Firmen oder Betriebe in Gewerbegebieten. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass bei einem Neubau gleich eine vernünftige Infrastruktur für Lkw und ihre Fahrer mitgeschaffen wird.“


Die Spedition Fehrenkötter hat sich auf den Transport von Landmaschinen und Automobilen spezialisiert und stützt sich auf über 100 Mercedes-Benz Actros.



Fotos: Sebastian Vollmert

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